heavy boots

Comic I Vermittlung
ab 12 Jahren I 27.03.2022

Zack,peng,pow! Das Medium Comic kann viel mehr. Anhand der Performance ‚wearing heavy boots‘ ruft HELLA LUX den ersten Performance-Comic ins Leben, eine Produktionspublikation, die mit Mitteln der 9. Kunst, Performance Inhalte und Mittel in das 2-dimensionale Medium überträgt. So wird ein neues Mischwesen erschaffen, das performative Strategien und Produktionsrecherchen nachhaltig fortführt.

Was Theater und Comic verbindet ist das gemeinsame Interesse an der Verbindung von Text und Bild. Zwar unterschiedlich angewendet, aber nichtsdestotrotz haben beide die Möglichkeit eine sequentielle Erzählform zu zeigen, die auf Gesten und Verweissysteme beruht. Das Verweissystem des Comics bildet auf Icons auf, die in der Zeit eingefrorene Bewegungen, Emotionen und Momente zeigt, auf die sich der*die Lesende berufen kann. Im Theater ist das die Geste, wie Walter Benjamin wie folgt festhielt: „Gesten erhalten wir umso mehr je häufiger wir einen Handelnden unterbrechen. Das konstillieren von genau ausgearbeiteten und unbearbeiteten Stellen erzeugt Kontraste.“

Künstlerische Leitung: Lenja Busch und Milena Wichert
Zeichnungen: Lenja Busch
Layout: Milena Wichert
Druckumsetzung: Sabrina Raap, Zeig mal her!
Outside Eye: Liljan Halfen

Und genau diese Kontraste sind Szenen die nebeneinander gestellt werden, Performer*innen die sich zueinander bewegen. Genau das ist das Verweissystem der Gesten, dass im Theaterraum aufgebaut wird und auf dass sich das Publikum beziehen kann. Die grundsätzliche Verbindung, die Theater und Comic miteinander liebäugeln lässt, ermöglicht es uns, ein neues Format zu entwickeln, das aus einer Performance einen neuartigen Comic macht.

Anhand der Performance wearing heavy boots erproben wir, die in der Performance performativ untersuchten zweidimensionalen Trauerkarten in das Medium Comic rückzuführen. Der Abstand eines Comic-Panels kann dabei Zeit und Bewegung repräsentieren, die sich im 3-dimensionalen Performanceraum anders darstellen.  Speedlines, Onomatopoesie und die Komposition der Seite werden gleichermaßen ausgeschöpft wie die Berücksichtigung der physischen Attribute des Lesens selbst. Die Möglichkeit vor und zurück zu springen oder die ganze Seite vor dem einzelnen Panel wahrzunehmen eröffnet neue Räume, die der Performance-Comic wahrnimmt und erforscht.

Dabei entstehen Strategien und ein Baukasten aus verschiedenen Tools, der die Kreation des Performance-Comics etabliert und seine Wiederholbarkeit möglich macht.

Mit diesem Mischwesen möchten wir das oft unterschätzte Medium Comic in den Performance Raum holen, die Wirkmacht des Comics und seiner Community nutzen, um neue Ästhetiken und Vermittlungsformen zu finden. Die zugängliche und visuelle Form des Comics fängt Themenschwerpunkte und Ästhetik der gesehenen Performance ein und wird zu einem neuen Notationssystem, das den Kreis des Publikums aus dem Theater heraus führt und durch die Comic Community vergrößert. Wie eine Art Produktions-Publikation will Hella Lux den Performance-Comic erfinden und einführen. Viel mehr als ein Programmheft oder eine reproduzierende Bebilderung der gesehenen Performance soll dieser Performance-Comic eine Erweiterung der ästhetischen Angebote sein, eine neue Erfahrung performativer Mittel darstellen und die Performance Recherche nachhaltig fortführen.

Oft wird auf den Comic als Medium hinab geblickt. Er wird als infantil, für Kinder und Jugendliche gedacht, als Medium, dass in den Kinderschuhen stecken geblieben ist, angesehen. Die neunte Kunst, die in der Form die sie heute angenommen hat seit Ende des 19. Jahrhunderts existiert, hat jedoch viel Potential und wird maßlos unterschätzt. Diese Vorurteile sind schwer abzuschütteln und auch andersherum, vom Comic aufs Theater blickend, sind sie vorhanden. Professorin für Medienwissenschaft Stefanie Diekmann schreibt über die Darstellung von Theater im Comic: “Was erzählt der Comic über das Theater? Zuallererst klischeegesättigte Geschichten voller seltsamer Figuren, viel Kostümzauber, sonderbarer Sprechweisen und outrierter Gestik. […] So scheint es, als übe sich der Comic immer noch im Aufbegehren gegen eine Arroganz der Hochkultur, die hier als kulturelles Relikt karikiert wird.“

Genau aus dieser Feindschaft und Vorurteilen möchte Hella Lux ausbrechen. Die Hierarchisierung unterbrechend nimmt Hella Lux den Comic in seiner vielfältigen, ästhetischen Wirkmacht ernst und nutzt ihn als transformierendes Element um Performance-Inhalte, -Mittel und -Formen in ein neues Medium zu übertragen. HEAVY BOOTS ist ein Werk, dass immersiv Performance-Inhalte in zugängliche Comic-Panel überführt und für die Nachwelt festhält.

Gefördert vom Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. #take action #TakeThatNeustart

Mehr zum Thema in der e-Journal Publikation Onomatopoeia in Comics. On the A-Human Theatre of Expression in Graphic Representations von Lenja Busch

Artikel über Lenja Busch in der Media Kompakt Stuttgart, Seite 20